Guten Tag ich will mein Leben zurück…

hebmamisIch gebe zu, der Titel klingt sehr dramatisch. Das soll er aber keinesfalls sein. Viel mehr solltet ihr den Post mit einem kleinen Zwinkern lesen. Ich hoffe natürlich, ich stehe mit einigen Ansichten nicht alleine da…

Anlass zu diesem Beitrag, ist eine heutige Situation mit meinem Sohn. Der kleine Mann ist nun 8 Monate alt. B(r)eikost isst er begeistert, auch frische Früchte. Ich habe ihm heute morgen ein paar Äpfel gedünstet, sodass er diese ohne Zähne gut essen kann. Sobald ich ihm etwas zu essen in die Hand gebe, bleibe ich immer mit Raum (Küche). Ich habe mich kurz umgedreht, um seine Trinkflasche von der Arbeitsfläche zu greifen und bemerke, dass er was im Hals stecken hat. Er räuspert sich, versucht Luft zu holen, seine Äuglein mit Tränen gefüllt. Soweit ist mir das bis Dato nicht fremd gewesen. Also sofort reagiert und mit dem kleinen Finger nach dem Apfel gesucht. Leider nichts gefunden und das Kind am Luft ringen. Ja, da überkam mich das erste Mal in diesen 8 Monaten die Panik. Schnell reagiert, Kind raus aus der Wippe, hochgenommen, auf den Rücken geklopft. Nichts… Kind läuft bläulich an, fuck man… spuck den scheiß verdammten Apfel aus! Was nun, was nun… bäuchlings, Hüfte abwärts und meinen Finger erneut in seinen Mund. Endlich!!! Mein Sohn hat sich komplett über den Fußboden erbrochen, holt Luft, wird ruhiger, lehnt sich an mich, sucht Nähe, möchte kuscheln. Ich schaue mir meinen Sohn an, frage ihn ob alles in Ordnung ist. Dann fällt mir auf, wie fest ich ihn immer noch im Arm halte und das ich am ganzen Körper zitter. Erstmal hinsetzen, Mama holt ebenfalls Luft… und heult erstmal! Dieses Gefühl, wenn man genau sieht, wie das Kind panisch nach Luft schnappt, Hilfe braucht und man macht und tut und die erste Maßnahme erfolglos bleibt. Furchtbar furchtbar, furchtbar! Natürlich handelte es sich hier nicht um Minuten, sondern allenfalls um mehrere Sekunden. Dennoch hab ich unfassbar viel Angst gehabt. Dieses blaue Gesichtlein… kein schöner Anblick. Ich hoffe, dass ich so etwas in der Art nicht noch einmal erleben muss. Wobei das wahrscheinlich reines Wunschdenken ist.
Aber ich habe tatsächlich nach meinem Handy auf dem Tisch Ausschau gehalten und mich in der Situation gefragt, wie ich meinem Kind helfen und gleichzeitig ggf. den Notarzt rufen soll.

Während ich so über diese morgendliche Situation nachdenke, muss ich schon wieder weinen.

Und hiermit wären wir schon beim Titel: Guten Tag, ich bin Mutter und wünsche mir manchmal mein altes Leben vor dem Kind zurück!
Rabenmutter! Wie kannst du sowas nur denken!? Armes Kind!
Nein, ich liebe meinen Sohn und ich kann mir keine einzige Sekunde mehr ohne diesen zauberhaften kleinen Mann vorstellen. Das glucksende Lachen, wenn wir ihn mit Blödeleien zum lachen bringen, diese großen wundervollen Knopfaugen, die mich anhimmeln, wenn ich ihn morgens begrüße. Das kuscheln am Morgen und Abend, wenn er mein Gesicht mit seinen kleinen Händchen hält und er mich nur anschaut. Sein ganzer Körper vor Freude hüpft, wenn sein Papa abends nach Hause kommt. Ich könnte immer so weitermachen.

Die Liebe zum Partner, zur eigenen Mutter, zu Geschwistern ist groß. Sehr groß sogar. Immer wenn meine Mama früher zu uns sagte: „Die Liebe zu den eigenen Kindern kann man kaum beschreiben, sie ist das Größte überhaupt“ dachte ich, dass meine Mama einfach sehr emotional ist.
Aber es stimmt. So eine tiefe und berührende Liebe habe ich noch nie empfunden! Für diesen kleinen Menschen würde ich alles aber auch wirklich alles tun! Unvorstellbar, dieses kleine Wunder nicht mehr bei uns zu haben.
Kitschig? Dramatisch? Übertrieben? Vielleicht. Aber absolut die Wahrheit!

Trotz dieser so unglaublich schönen Momente, gibt es Tage, an denen ich mich an die Zeit ohne Kind zurücksehne. An Zweisamkeit mit meinem Partner, Urlaub, in dem ich mich einfach in die Sonne am Strand von morgens bis abends legen kann, Shoppingtouren ohne Kinderwagen oder Tragetuch. Schlafen wann und so lange es mir passt. Spontan meine Tasche greifen, um mich mit Freundinnen zu treffen.
Aber vor allem OHNE diese unglaubliche Verantwortung. Der kleine Mensch ist komplett von mir/uns abhängig. Nahrung, Nähe, Windeln, baden, spielen, Kleidung. All das braucht er. (Überspitzt gesagt) Ich habe diese Verantwortung. Wenn er krank ist, wenn er Schmerzen hat, wenn ihm etwas nicht passt, wenn er bespaßt werden möchte, wenn er Hunger hat… dann bin ich an der Reihe. Dann sind wir Mütter/Väter dran. Verantwortung wo man nur hinsieht. Ja und ich gebe es zu: Ich empfinde das an manchen Tagen als unglaublich anstrengend und nervig. Vor allem wenn man sein ganzes Entertainmentprogramm abspielt und nichts anzukommen scheint. Frustrierend!

Ein Bekannter hat in meiner Schwangerschaft zu meinem Partner gesagt: „Weißt du, was die größte Veränderung mit Geburt des Kindes ist? Das Leben hat endlich einen Sinn!“
Nach diesem Satz musste ich als schwangere Hebamme schon die Augen verdrehen. Mein Leben hatte auch vorher einen Sinn. Ich bin gerne arbeiten gegangen, habe tolle Momente und Urlaube mit meinem Partner und Freunden erlebt. Ich habe nie auf dem Sofa gelegen und mir gesagt, dass mein Leben keinen Sinn hat, weil ich noch kein Baby habe. Wie furchtbar wäre das denn auch?
Die Mutterrolle ist einfach ein großer Abschnitt im Leben einer Frau und dieser Abschnitt bleibt mit Geburt des Kindes ein Leben lang.
Also sagen wir es mal so: Der Sinn des Lebens hat sich verlagert. Vorher waren andere Dinge wichtig. Meine Familie, mein Partner, meine Freunde waren und sind mir immer noch unglaublich wichtig und ich will niemanden aus meinem Umfeld jemals missen müssen.
Aber der Sinn meines Lebens hat sich um meinen Sohn herum verlagert. Mein Sohn hat sich eingebettet in mein Leben und jeden Tag lernen wir mehr hinzu. Wir kommunizieren immer besser miteinander. Wir werden besser! Und ich freue mich auf die Zeit. Es liegen noch so viele tolle und anstrengende Momente vor uns. Trotzdem würde ich manchmal so gerne Augenblicke festhalten, einfrieren.

Die Reise bisher war wundervoll, anstrengend, abenteuerlich, herzerwärmend. Ich freue mich auf alles was noch kommt und bin so neugierig, wie sich der kleine Knopf entwickelt und was später für ein Junge/Mann aus ihm wird.
Jaaaa und dennoch: Manchmal wünsche ich mir mein altes, kinderloses, shoppen-und-schlafen-wann-es-mir-gefällt-, Verantwortung-nur-für-mich Leben zurück!
Und als hätte der kleine Mann das gerade gemerkt, meldet er sich nun. Ich gehe dann jetzt mal zu meinem Spatz und freue mich, dass mein Leben so ist, wie es ist!

Was haltet ihr von meinen Gedanken? Bin ich alleine damit?

Gute Nacht und bis bald,

Eure Ceylan

6 comments

  1. Marina Zeitler says:

    Hey Hey…
    mein kleiner Tiger ist gerade 9 Monate geworden. Unser letzter Urlaub am Garsasee liegt gerade mal ein paar Tage zurück… und glaub mir… Ich hatte genau die selben Gedanken.. 🙂

    Ich glaube das ist okay so etwas zu denken 🙂

    Ps. Auch wenn ich es bisher in meinem kinderlosen Leben belächelt habe- der nächste Urlaub wird mit Oma und Opa sein 🙂

  2. Brina says:

    Das Apfelproblem kennne ich zu gut nach dem ersten mal habe ich mich sofort zum Baby/Kleinkind erstehilfe kurs angemeldet.
    Diese Angst der Schok leider gab es den trotzdem öfter wieder. Aber bin jetzt etwas ruhiger da ich weiß was zu tun ist.
    Und ja mein Sohn ist 14 Monate und mein größtes Wunder 🙂 aber manchmal wäre das Verantwortungs lose leben toll nach hause kommen pizza in den ofen essen einschlafen und das nach eier Feiernacht 😉

  3. Janin says:

    Ich glaube diese Gedanken als Mama zu haben sind sowas von normal! Es hat sich in kurzer Zeit das ganze Leben verändert. Wer denkt da nicht mal zurück? Ich bin froh so wie es ist! Meine beiden Jungs verlangen manchmal einiges ab! Aber die kleinen und großen Gesten sind der schönste Lohn!

  4. Julia says:

    Hallo!
    Alson ch finde deinen Beitrag unglaublich aufbauend.
    Meine kleine Maus ist jetzt 3 Monate, und ich fühle manchmal ganz genau so. Und habe ein schlechtes Gewissen dabei.
    Ich bin so froh, dass solche Gedanken auch anderen Mamas haben – und die Gedanken scheinbar normal sind.
    Vielen Dank für die Ehrlichkeit.

  5. Angela Schaad says:

    Wunderschön geschrieben.. Und geht mir manchmal auch so.
    Bin mami aus leidenschaft. Vermisse aber manchmal auch das kommen-gehen-tun und alles- shopping tour- etc… ALLEINE..
    Dann denke ich wieder; die zeit vergeht soooo schnell und die kids sind selbständig. Geniessen und dankbar sein. Lg

  6. Kim says:

    Besser hätte ich es nicht in Worte fassen können 🙂

    Ich bin Mutter von Zwillingen die in ein paar Tagen 5 Monate alt werden. Die zwei sind tatsächlich der Sinn meines Lebens, das wertvollste was ich habe und ich liebe sie von ganzem Herzen. Und dennoch denke ich wie du oft an mein altes Leben ohne Verantwortung zurück.

    Wir stecken inmitten und unserer größten Verantwortung und HerausForderung und auch wenn es uns noch viele Nerven kosten wird so wird es uns auch unendlich glücklich und dankbar machen.

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