Rabenmutter?

Jeder kennt das Phänomen: Das Kind schläft (endlich) seelenruhig in eurem Arm, wurde gerade gestillt oder hat sein Fläschchen bekommen. Die Windel ist ebenfalls sauber.
Nun hat man theoretisch Zeit, sich um Dinge wie Staubsaugen, Wäsche waschen oder einfach mal duschen zu kümmern… theoretisch!
Denn sobald man das schlafende Kind hinlegt, scheint ein Schalter umgelegt zu werden, der die Augen ping wieder aufmacht. Das Kind nörgelt oder weint wieder. Super und jetzt?
Bin ich eine Rabenmutter, weil ich mein Kind für einen Moment weinen lasse, um meine Zähne zuende zu putzen oder meine restlichen Einkäufe verstaue, während das Kind schon sicher, warm und trocken im Auto ist?

Aus gegebenen Anlass gibt es dazu eine kleine Anekdote…

Jenny und ich waren mit unseren beiden Söhnen, zu dem Zeitpunkt 8 bzw. 9 Wochen alt, in einem Einkaufszentrum. Dort waren wir gemütlich frühstücken und haben ein wenig gebummelt. Der Plan: Am Ende einkaufen zu gehen, um unserem Kreißsaal-Team Leckereien für einen Frühstückskorb zu besorgen. So haben wir vor dem Einkauf die Kinder gewickelt und gestillt. Kurz darauf hatten wir alle Lebensmittel, innerhalb von 15 Minuten – dank Einkaufsliste – beisammen.
Unsere Kinder haben seelenruhig geschlafen. Also ging es zum Auto (Parkhaus), wo wir die zwei in ihre Autositze gesetzt haben.
Sicher kennen das einige, dass die lieben Kleinen gerne im Auto anfangen zu weinen. So natürlich auch in unserem Fall.
Wir laden also schnell die Einkäufe ein, als eine Frau (ca. Mitte 50) zu uns kommt und uns fragt, ob es sein müsse, dass wir hier zu zweit unsere Einkäufe einladen, während die Kinder im Auto weinen. Eine von uns könne ja beide(!) Kinder beruhigen und die andere sich um den Einkauf kümmern. Jenny und ich waren uns jedoch einig: Die zwei müssen da jetzt mal kurz durch.
Gemeinsam ausgesprochen und direkt weiter gemacht. Die Frau ist näher an uns heran und hat wortwörtlich gesagt, es grenzt an Kindeswohlgefährdung und das die Kinder um Hilfe schreien. Dies wüsste sie aus ihrer jahrelangen Erfahrung als Kinderkrankenschwester. Das wir Hebammen sind, haben wir ihr nicht mitgeteilt.

Sichtlich schockiert über das Verhalten der Frau, haben wir sie mehrfach gebeten, bitte einfach weiterzugehen, falls es sie stört.
Nein, stattdessen ist sie uns immer näher gekommen und fing sogar an von einer Anzeige bei der Polizei zu reden. Dazu kamen Sätze wie:

Ihre Mütter waren bestimmt genauso zu Ihnen, deswegen sind Sie auch so geworden!

Endlich fertig und mega wütend über so viel Distanzlosigkeit, haben wir uns ins Auto gesetzt. Die Frau ist noch bis an die Beifahrertür gekommen, wo sie uns weiterhin wild gestikulierend beschimpft hat.
Zu guter Letzt, stellt die Frau sich tatsächlich vors Auto, holt einen Zettel und Stift heraus, worauf sie das Nummernschild notiert hat.
Natürlich haben wir nie wieder was davon gehört.

Muss man sich anhören, eine schlechte Mutter zu sein, obwohl man ganz genau weiß, dass es seinem Kind gut geht? Nur weil es ihm gerade nicht passt im Autositz zu sitzen oder gerade mal nicht bespaßt werden kann.

Was ist eure Meinung zu diesem Thema?

Eure Ceylan

One comment

  1. Ulrike says:

    Ich kann beide Seiten verstehen. Im Gegensatz zu euch konnte die Frau ja nicht wissen dass die Kinder satt und sauber waren und dass ihr sonst auf ihr Weinen auch zu reagieren pflegt. Sie hat nur die weinenden Kinder gesehen und ihr Herz hat geblutet und eure „offensichtliche“ Ignoranz hat sie wütend gemacht. Das ist erst mal eine gesunde Reaktion und viel besser als das mittlerweile übliche „Bloß wegschauen und bloß nichts sagen“. ABER ich denke auch dass die Dame etwas überreagiert hat- moeglicherweise aus Wut oder um euch aufzurütteln aber nichtsdestotrotz finde ich die „Kindswohl“-Keule unangemessen. Ärgert euch nicht, solche Missverständnisse kommen eben vor.

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