Geburtseinleitung – ein Szenario wie es NICHT im Buche steht

Das ich selbst einmal zu den Frauen gehören würde, bei denen eine Geburtseinleitung notwendig ist, hätte ich niemals gedacht. Doch als sich mehr und mehr herauskristallisierte, dass unser Wurm sich Zeit lassen würde, machte ich mich unweigerlich mit dem Thema Geburtseinleitung vertraut…

Klar, fachlich wusste ich bestens Bescheid, schließlich habe ich schon so manche Einleitungsszenarien hinter mich gebracht, aber emotional wusste ich damit überhaupt nichts anzufangen. So viele Meinungen und Gedanken die einen den Tag erschweren können.

Dein Kind hat nicht mehr genug Fruchtwasser

Ja, das ist am Ende auch völlig normal, dass dies abnimmt. Doch letztendlich war ich 13 Tage über dem errechneten Termin und jegliche Rechnerei nach hinten blieb erfolglos. Logisch, dachte ich mir, immerhin wusste ich ganz sicher, wann mein Eisprung gewesen war und ich ließ diesbezüglich auch nicht mit mir verhandeln.

Einfach so in die Natur eingreifen, ich als Hebamme und das jetzt?
Das Kind wird schon kommen wenn es bereit ist, aber hat es am Ende wegen der Übertragung noch genügend Kraftreserven um die Dauer der Geburt durchzuhalten?

All diese Dinge und noch viel mehr spukten mir im Kopf herum. Fakt war, ich wollte nicht meinetwegen einleiten, sondern des Kindes wegen.
Außer Frage stand für mich immer die Option eines Kaiserschnitts.
Es haben schon so viele Frauen vor mir geboren und ich freute mich riesig auf dieses Erlebnis. Mein Kind aus eigener Kraft zu gebären, diese Vorstellung machte mir weiterhin Mut. Ich wusste ja, wie glücklich wir sein werden, wenn alles überstanden wäre.
Ich malte mir in meinem Kopf die perfekte Geburt aus, mit Wehenbeginn zu Hause, Entspannungsbad, etc. Klar, das es anders kam. Unsere Geburtsgeschichte begann ja nun mit der gehassten Geburtseinleitung.

Wir kamen morgens bei meinen Kollegen im Kreißsaal an und entschieden uns für die Geburtseinleitung den Wehencocktail zu nehmen. Dies war logischerweise meine erste Wahl, auch wenn mein Muttermund, laut der Ärztin, noch eher ungeeignet für den Cocktail gewesen sein soll. Wir Hebammen hassen diese Aussage, da ein Muttermund eigentlich nur mit Wehen reifen kann. Da tut der Anfangsbefund nichts zur Sache, denn entscheidend ist, dass Wehen kommen, die den Muttermund öffnen (reifen lassen).

Lange Rede kurzer Sinn: ich trank dieses Hexengebräu und bekam auch rasch Wehen, die mich jedoch nicht zum Kinde kommen ließen. Ich hatte sehr starke Schmerzen und mir war klar, dass es nicht mehr lange dauern würde. Und dann das: von jetzt auf gleich waren meine Wehen weg.
Ich war frustriert und traurig. Mein Muttermund hatte den selben Befund und es war inzwischen zwölf Stunden später!
Ich glaube, dass genau diese Zeitspannen anderen Frauen Angst macht und das so diese Gerüchte entstehen alá

Ich lag 24 Stunden in den Wehen!

So ein Quatsch!
Ja, ich war frustriert, aber ich wusste trotzdem, dass sich unser Racker den normalen Geburtsweg aussuchen würde. Und mir war auch klar, dass ich nun wieder bei Null starten würde. Aber es war ok für mich. Da mein Partner und ich motiviert und voller Energie waren, entschieden wir uns im Kreißsaal zu bleiben und weiter einleiten zu lassen. Ich wusste ja, dass man nun bei 13 Tagen Übertragung nicht weiter warten würde, da die Komplikationen deutlich ansteigen.
(Versteht mich nicht falsch, wir reden von richtiger Übertragung und nicht von 1-10 Tagen über den errechneten Termin gehen bei unregelmäßigem Zyklus der Frau!)
Nun hatte ich das erste Mal Angst. Ich kenne viele Verläufe von Einleitungen mit Medikamenten. Diese können sich über mehrere Tage hinziehen, die Kinder haben im Mutterleib Stress und die Rate an Kaiserschnitten nimmt zu. Dennoch sagte mir mein Bauchgefühl, dass ich nur einen kleinen Anstupser brauchen würde um in die Geburt zu rutschen.
Gesagt getan: Ich bekam nun also diese doofe Tablette, vor der es mir graute und wartete ab.
Genau eine Stunde später hatte ich Wehen und weitere 7 Stunden später war unser Wonneproppen mit über 4 Kilo auf der Welt!

Ich will absolut keine Werbung für Geburtseinleitungen machen, versteht mich da bitte wirklich nicht falsch. Die Natur sollte ihren Lauf nehmen (können). Jede Frau sollte selbst entscheiden, ob sie sich einleiten lassen möchte oder nicht.
Fakt ist: Es sollten keine Gründe wie keine Lust mehr eine Rolle spielen. Vor dem 12. Tag der Übertragung würde ich rein gar nichts machen lassen, vorausgesetzt es geht dem Baby gut.

Zusammenfassend lässt sich trotz des Wirrwarrs sagen, dass ich alles richtig gemacht habe und es nie so kommt, wie man es gerne hätte, jedenfalls in den meisten Fällen. Ich würde mich jederzeit wieder so entscheiden und immer wieder spontan entbinden. Ich bin stolz und überglücklich einen gesunden Sohn zu haben und im Nachhinein betrachtet kann ich leider noch viel weniger verstehen, wenn Frauen einen Wunschkaiserschnitt möchten.
Ich verurteile niemanden, aber Frauen nehmen sich dadurch leider eine wunderschöne Erfahrung, die nie mehr wieder kommt. Wenn ich könnte, würde ich den Tag noch einmal erleben wollen, aber das ist eine andere Geschichte. 🙂

Wie war es bei euch? Was haltet ihr von Geburtseinleitungen? Habt ihr Vergleiche, weil ihr einmal eingeleitet wurdet und einmal spontanen Wehenbeginn hattet? Haben euch eure Frauenärzte verunsichert und ihr wisst nicht mehr weiter?
Dann her damit, wir sind gespannt!

Ich grüße euch,
eure Jenny

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